Volksgruppenrechte

Die Rechte der Burgenländischen Kroaten sind größtenteils Bestandteil internationaler Abkommen.

Staatsgrundgesetz 1867

vom 21. 12. 1867

ARTIKEL 19. (Rechte der Minderheiten)

1. Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.

2. Die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben wird vom Staate anerkannt.

3. In den Ländern, in welchen mehrere Volksstämme wohnen, sollen die öffentlichen Unterrichtsanstalten derart eingerichtet sein, daß ohne Anwendung eines Zwanges zur Erlernung einer zweiten Landessprache jeder dieser Volksstämme die erforderlichen Mittel zur Ausbildung in seiner Sprache erhält.

Staatsvertrag von St. Germain

(STGBI Nr. 303/19)

Die Artikel 62 bis 69 des Staatsvertrages von St. Germain enthalten Minderheitenschutzbestimmungen, die gemäß Artikel 149 Abs. 1 B-VG in Verfassungsrang stehen. Nachstehend werden die wesentlichsten Bestimmungen des Staatsvertrages von St. Germain angeführt.

ARTIKEL 66.

Alle österreichischen Staatsangehörigen ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder Religion sind vor dem Gesetze gleich und genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte.

Unterschiede in Religion, Glauben oder Bekenntnis sollen keinem österreichischen Staatsangehörigen beim Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte nachteilig sein, wie namentlich bei Zulassung zu öffentlichen Stellungen, Ämtern und Würden oder bei den verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten.

Keinem österreichischen Staatsangehörigen werden im freien Gebrauch irgendeiner Sprache im Privat- oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der Religion, der Presse oder irgendeiner Art von Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen Beschränkungen auferlegt.

Unbeschadet der Einführung einer Staatssprache durch die österreichische Regierung werden nicht deutschsprechenden österreichischen Staatsangehörigen angemessene Erleichterungen beim Gebrauche ihrer Sprache vor Gericht in Wort oder Schrift geboten werden.

ARTIKEL 67.

Österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, genießen dieselbe Behandlung und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen; insbesondere haben sie dasselbe Recht, auf ihre eigenen Kosten Wohltätigkeits-, religiöse oder soziale Einrichtungen, Schulen und andere Erziehungsanstalten zu errichten, zu verwalten und zu beaufsichtigen mit der Berechtigung, in denselben ihre eigene Sprachen nach Belieben zu gebrauchen und ihre Religion frei zu üben.

ARTIKEL 68.

Was das öffentliche Unterrichtswesen anlangt, wird die österreichische Regierung in den Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Zahl anderssprachiger als deutscher österreichischer Staatsangehöriger wohnt, angemessene Erleichterungen gewähren, um sicherzustellen, daß in den Volksschulen den Kindern dieser österreichischen Staatsangehörigen der Unterricht in ihrer eigenen Sprache erteilt werde. Diese Bestimmung wird die österreichische Regierung nicht hindern, den Unterricht der deutschen Sprache in den besagten Schulen zu einem Pflichtgegenstande zu machen.

In Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl österreichischer Staatsangehöriger wohnt, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, wird diesen Minderheiten von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein angemessener Teil zu Nutzen und Verwendung gesichert.

Staatsvertrag 1955

vom 15. Mai 1955 (BGBl. Nr. 152/1955)

Der Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages beinhaltet die wichtigsten Minderheitenschutzbestimmungen für die Burgenländischen Kroaten. Obwohl es sich um einen Staatsvertrag handelt, wurden nur die Absätze 2 bis 4 in Verfassungsrang gehoben.

ARTIKEL 7

Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten

1. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark genießen dieselben Rechte aufgrund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache.

2. Sie haben Anspruch auf Elementarunterricht in slowenischer oder kroatischer Sprache und auf eine verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen; in diesem Zusammenhang werden Schullehrpläne überprüft und eine Abteilung der Schulaufsichtsbehörde wird für slowenische und kroatische Schulen errichtet werden.

3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt.

4. Österreichische Staatsbürger der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark nehmen an den kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen in diesen Gebieten aufgrund gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige teil.

5. Die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, ist zu verbieten.

Volksgruppengesetz 1976

vom 7. Juli 1976 (BGBl. Nr. 196/1976):

Das Volksgruppengesetz wird von der Österreichischen Bundesregierung als Ausführungsgesetz zum Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages angesehen. Das Volksgruppengesetz beinhaltet im wesentlichen folgende Punkte:

Volksgruppenbeiräte

In Volksgruppenangelegenheiten hat der Volksgruppenbeirat beratende Funktion und kann der Bundesregierung und der Burgenländischen Landesregierung Vorschläge unterbreiten. Er ist auch an der Verteilung der Volksgruppenförderung maßgeblich beteiligt.

Die Zusammensetzung des Volksgruppenbeirates wird durch die Verordnung vom 18.1.1977 (BGBl. Nr. 38) festgesetzt. Demnach umfaßt der Beirat für die Burgenländischen Kroaten 24 Mitglieder, wobei zwölf Beiratsmitglieder von der Kirche und den politischen Parteien und zwölf von Volksgruppenorganisationen zu nominieren sind.

Volksgruppenförderung

„Der Bund hat – unbeschadet allgemeiner Förderungsmaßnahmen – Maßnahmen und Vorhaben, die der Erhaltung und Sicherung des Bestandes der Volksgruppe, ihres Volkstums sowie ihrer Eigenschaften und Rechte dienen, zu fördern“.

Topographische Bezeichnungen

Nach dem Volksgruppengesetz sollen zweisprachige Aufschriften nur in jenen Gebieten angebracht werden, in denen sich 25 % der Bevölkerung zur kroatischen Volksgruppe bekennt. Die Bestimmung ist als verfassungswidrig anzusehen, da der Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages zweisprachige Aufschriften in dem Siedlungsgebiet der Burgenländischen Kroaten vorsieht und die Volksgruppenrechte nicht von der zahlenmäßigen Stärke der Volksgruppe abhängig gemacht werden können. Eine Verordnung bezüglich der zweisprachigen topographischen Aufschriften wurde nicht erlassen. Folglich gibt es im Burgenland keine öffentlichen zweisprachigen Aufschriften.

Allgemeine Schlußbemerkungen zum Volksgruppengesetz

Die Burgenländischen Kroaten sind der Auffassung, daß der Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages im gesamten zweisprachigen Gebiet anzuwenden ist und die Rechte der kroatischen Volksgruppe nicht von deren Stärke abhängig gemacht werden dürfen, wie dies das Volksgruppengesetz vorsieht. Diese Rechtsauffassung wurde inzwischen von zwei Verfassungsgerichtshofserkenntnissen bestätigt, sodass eine Novellierung des Volksgruppengesetzes als unumgänglich angesehen werden muss.

Topographieverordnung 2000

(BGBl. II Nr. 170/2000)

Verordnung der Bundesregierung über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen und Aufschriften nicht nur in deutscher sondern auch in kroatischer oder ungarischer Sprache anzubringen sind (Topographieverordnung-Burgenland)

Auf Grund des § 2 Abs. 1 und des 12 des Volksgruppengesetzes BGBl. Nr. 396/1976, in der Fassung der Kundmachungen BGBl. Nr. 575/1976, BGBl. Nr. 24/1988 und BGBl. I Nr. 194/1999, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates verordnet:

1. In folgenden Gebietsteilen sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, sowohl in deutscher als auch in kroatischer Sprache wie folgt anzubringen:

1. Im politischen Bezirk Eisenstadt-Umgebung in den Gemeinden:

  • Hornstein / Vorištan
  • Klingenbach / Klimpuh 
  • Oslip / Uzlop
  • Siegendorf / Cindrof
  • Steinbrunn / Štikapron
  • Trausdorf an der Wulka / Trajštof
  • Wulkaprodersdorf / Vulkaprodrštof
  • Zagersdorf / Cogrštof
  • Zillingtal / Celindof

2. Im politischen Bezirk Güssing in den Gemeinden:

  • Güttenbach / Pinkovac
  • Neuberg im Burgenland / Nova Gora
  • Stinatz / Stinjaki

3. Im politischen Bezirk Mattersburg in den Gemeinden:

  • Antau / Otava
  • Baumgarten / Pajngrt
  • Drassburg / Rasporak

4. Im politischen Bezirk Neusiedl am See in den Gemeinden:

  • Neudorf / Novo Selo
  • Pama / Bijelo Selo
  • Parndorf / Pandrof

5. Im politischen Bezirk Oberpullendorf:

  • in der Gemeinde Frankenau-Unterpullendorf in den Ortsteilen Frankenau / Frakanava, Großmutschen / Mučindrof, Kleinmutschen / Pervane, Unterpullendorf / Dolnja Pulja
  • in der Gemeinde Großwarasdorf in den Ortsteilen Großwarasdorf / Veliki Borištof, Kleinwarasdorf / Mali Borištof, Langental / Longitolj, Nebersdorf / Šuševo
  • in der Gemeinde Kaisersdorf / Kalištrof
  • in der Gemeinde Nikitsch in den Ortsteilen Kroatisch Geresdorf / Gerištof, Kroatisch Minihof / Mjenovo & Nikitsch / Filež
  • in der Gemeinde Weingraben / Bajngrob

6. Im politischen Bezirk Oberwart:

  • in der Gemeinde Markt Neuhodis im Ortsteil Althodis / Stari Hodas
  • in der Gemeinde Rotenturm an der Pinka im Ortsteil Spitzzicken / Hrvatski Cikljin
  • in der Gemeinde Schachendorf in den Ortsteilen Dürnbach im Bgld. / Vincjet und Schachendorf / Čajta
  • in der Gemeinde Schandorf / Čemba
  • in der Gemeinde Weiden bei Rechnitz in den Ortsteilen
  • Allersdorf im Bgld. / Ključarevci
  • Allersgraben / Širokani
  • Mönchmeierhof / Marof
  • Oberpodgoria / Podgorje
  • Parapatitschberg / Parapatićev Brig
  • Podler / Poljanci
  • Rauhriegel / Rorigljin
  • Rumpersdorf / Rupišće
  • Unterpodgoria / Bošnjakov Brig
  • Weiden bei Rechnitz / Bandol
  • Zuberbach / Sabara

2. In folgenden Gebietsteilen sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, sowohl in deutscher als auch in ungarischer Sprache wie folgt anzubringen:

1. Im politischen Bezirk Oberpullendorf:

  • in der Gemeinde Oberpullendorf / Felsõpulya

2. Im politischen Bezirk Oberwart:

  • in der Gemeinde Oberwart im Ortsteil Oberwart / Felsõõr
  • in der Gemeinde Rotenturm an der Pinka im Ortsteil Siget in der Wart / Sziget
  • in der Gemeinde Unterwart im Ortsteil Unterwart / Alsóõr

Staatszielbestimmung 2000

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes (BGBl I. Nr. 68/2000)

Art. 8. (1) Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.

(2) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.